Hyrox kombiniert Ausdauersport mit funktionalen Kraftübungen und Eventkultur. Wieso plötzlich alle Burpees machen, rennen und Schlitten schieben.
Hyrox sei wie eine Light-Version von Crossfit, sagt Marc Vöge. «Das Einzige, was man können muss, ist acht Kilometer rennen.» Vöge ist Inhaber eines Crossfit-Gyms in Winterthur. Er bietet beide Fitnessprogramme an. Hyrox sei vor allem bei Männern beliebt, sagt er. Man könne sich gut verausgaben, die Komplexität der Bewegungen sei dabei geringer als im Crossfit.
Auch Alexis Bernier, Gründer von A’Lab Fitness im Zürcher Kreis 4, sieht den Vorteil von Hyrox in der Zugänglichkeit. «Das ist der Hauptgrund, warum ich glaube, dass das die grösste Sache überhaupt werden könnte.» Das Rad wird im Fitness-Sektor nicht neu erfunden, das ist Bernier völlig bewusst. «Die Basis ist immer dieselbe: traditionelle Kraft- und Ausdauerübungen.» Die Lebensdauer eines Trends betrage fünfzehn Jahre, dann folge der nächste.
Kniebeugen in Las Vegas
Erfunden wurde Hyrox 2017 in Deutschland von einem ehemaligen Landhockey-Profi und einem Sporteventorganisator. Um Hyrox anzubieten, brauchen Studios eine Lizenz, aber keine spezifische Ausbildung.
Wie beim siebzehn Jahre älteren Crossfit gibt es auch im Hyrox Wettkämpfe fast überall auf der Welt. Der beim Ausdauersport abgeschaute Eventcharakter ist Teil des Erfolgs. Wie man am Engadiner teilnimmt oder am Boston-Marathon, kann man nach Kopenhagen, Schanghai oder Las Vegas zum Hyrox-Wettkampf reisen und so den persönlichen Ambitionen eine Struktur geben.
Der Ablauf eines Hyrox-Wettkampfes ist immer gleich. Achtmal wird je ein Kilometer gerannt und eine Kraftübung ausgeführt. Die Übungen umfassen in dieser Reihenfolge:
- 1 Kilometer SkyErg (eine Seilzugübung an einem Ergometer, die dem Langlauf nachempfunden ist)
- 50 Meter Sled Push (das dem Anschieben eines Bobs ähnelt)
- 50 Meter Sled Pull (ähnlich wie Seilziehen)
- 80 Meter Burpee Broad Jump (Burpees, auf die ein Sprung nach vorne folgt, die anstrengendste Übung)
- 1 Kilometer Rowing (Rudern auf dem Hometrainer)
- 200 Meter Kettlebell Farmer’s Carry (Gehen mit Gewichten)
- 100 Meter Sandbag Walking Lunges (Gehen im Ausfallschritt mit Gewicht)
- 100 Wall Balls (Kniebeugen mit einem Medizinball, der zum Ende jeder Bewegung an die Wand geworfen und gefangen wird)
Der Wettkampf geht auf Zeit. Kampfrichter überwachen die Ausführung der Übungen. Durchschnittliche Teilnehmer benötigten rund 1 Stunde und 25 bis 45 Minuten, sagt Bernier. Das ist eine relativ lange Belastungszeit, weshalb man sich während des Wettkampfs verpflegen sollte. Bernier empfiehlt Energy-Gels, wie sie im Ausdauersport verbreitet sind.
Im Training wird selten ein ganzer Wettkampf absolviert, meist sind es Bestandteile. Verkürzt werden auch die Laufeinheiten, nur schon, weil viele Fitnesscenter keine Laufstrecke haben und darum – etwas öde – von Wand zu Wand gerannt werden muss. Die Trainings werden oft im Tandem organisiert, so dass etwa eine Person den Schlitten schiebt, bis die zweite 250 Meter gelaufen ist. Dann wird gewechselt.
«Die Community ist ein wichtiger Aspekt», sagt Vöge. Hyrox sei wie Crossfit ein Lifestyle. «Die Leute rauchen nicht, trinken nicht, essen gesund und gehen früh ins Bett.» Bernier stellt Hyrox in den Kontext des Longevity-Trends. «Noch mehr als Crossfit, weil im Hyrox nicht mehrheitlich die Kraft, sondern auch die kardiovaskuläre Gesundheit gefördert wird.»
Risiken für Herz und Wirbelsäule
Natürlich gibt es auch Risiken. Vor einem Hyrox-Wettkampf unterschreiben die Teilnehmenden einen Haftungsausschluss, in dem auf Risiken wie einen Herzinfarkt oder Verletzungen der Wirbelsäule hingewiesen wird.
Christina Spengler, Sportphysiologin an der ETH Zürich, sagt dazu: «Bei einer schlecht vorbereiteten Person, die sich maximal verausgabt, ist das Risiko unerwünschter Folgen bei Hyrox meiner Ansicht nach grösser als bei einem Laufevent mit gleicher Dauer.» Allerdings sei bei intensiver Belastung des Herz-Kreislauf-Systems ein kardiales Risiko nie ganz auszuschliessen. Neulinge sollten daher langsam und kontrolliert beginnen und bei Vorerkrankungen ärztlichen Rat einholen. Dann stehe einem Einstieg ins Hyrox nichts entgegen.
Fitnesstrends für Muskeln und Herz
Crossfit: Das weltweit populärste Fitnessprogramm kombiniert funktionelle Kraftübungen sowie Ausdauerübungen in hoher Intensität. Es werden eine fixe Anzahl Wiederholungen in möglichst kurzer Zeit ausgeführt oder so viele Wiederholungen wie möglich in einer vorgegebenen Zeit. Die Trainingssequenzen im Crossfit sind variabel. Kritiker sagen, die Trainings seien teilweise beliebig. Und sie stören sich an der kurzen Ausbildung: Zwei Tage genügen für den Einstieg als Trainer.
Hohe Intensität: Crossfit.
Hindernisläufe: Sie heissen Spartan Race, Strongman Run oder Mud Masters, die diversen Hindernisläufe, die seit einigen Jahren einen Boom erleben. Im Vordergrund steht hier weniger der Fitnessaspekt als die Überwindung von Widrigkeiten – Sport als Mittel zur Selbstvergewisserung. Als härtester Hindernislauf der Welt und Mutter dieses Trends gilt der Tough Guy Race, der jährlich im englischen Perton stattfindet und entgegen seinem Namen auch Frauen zulässt.
Überwinden von Widrigkeiten: Hindernislauf in Engelberg.
Bootcamp: Die an die militärische Ausbildung angelehnten Bootcamps sind eine weitere Kombination von funktionellem Training und Ausdauersport. Es gibt In- und Outdoor-Varianten, die in der Gruppe ausgeübt werden, wobei das Bootcamp im Freien oft auf einen Wechsel aus Laufen und Eigengewichtsübungen hinausläuft. Wie Crossfit und Hyrox erinnert das Outdoor-Bootcamp lose an ein schon bald 60-jähriges Schweizer Trainingsprogramm: den Vitaparcours.
Ähnelt dem Vitaparcours: Bootcamp.
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